Nach § 22 Abs. 1 S. 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) sind Praktikanten Personen, die sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterziehen, ohne dass es sich hierbei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Den „Praktikanten“ ist vom Grundsatz her nach § 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG wie anderen Arbeitnehmern der Mindestlohn zu bezahlen. Hiervon werden aber zugunsten der „echten“ Praktika, bei denen der Ausbildungsgedanke bzw. der Wunsch nach Berufsorientierung im Vordergrund steht, weitreichende Ausnahmen gemacht. Mindestlohn erhalten damit zwingend nur diejenigen Praktikanten, bei denen (im Gegensatz dazu) die Erbringung der Arbeitsleistung im Vordergrund steht.
Diese Unterscheidung wird in § 22 Abs. 1 S. 2 BBiG in 4 Ziffern näher konkretisiert. Nicht mindestlohnpflichtig sind demnach:
- (Nr. 1) verpflichtende Praktika aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung einer gesetzlich geregelten Berufsakademie
- (Nr. 2) bis zu drei Monate dauernde Praktika zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums
- (Nr. 3) bis zu drei Monate dauernde Praktika begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung
- (Nr. 4) eine Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder eine Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68-70 BBiG
Damit kann man sich als Richtschnur merken, dass bis zu drei Monate dauernde Praktika, die im Zusammenhang mit einer Berufs- oder Hochschulausbildung absolviert werden, von vornherein unproblematisch sind. Hierbei werden allerdings (bei den Ziffern 2 und 3) sämtliche Praktikumszeiten (abzüglich aller Fehlzeiten) in einem Unternehmen zusammengerechnet (BAG 30.01.2019 – 5 AZR 556/17). Wird die zeitliche Grenze von drei Monaten überschritten, kommt ein mindestlohnfreies PraktikumNach § 22 Abs. 1 S. 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) sind... weiterlesen... nur noch nach der Ziffer 1 oder 4 oder dann in Betracht, wenn es sich um eine mit dem Berufsbildungsgesetz vergleichbare Berufsausbildung handelt (§ 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG).
Letzteres hat das BAG in einem Urteil vom 18.11.2020 – 5 AZR 103/20 im Fall eines syrischen Zahntechnikers angenommen, der zur Anerkennung seiner beruflichen Ausbildung in Deutschland eine letztlich knapp 1 ½ Jahre dauernde Anpassungsqualifizierung im Sinne des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (BQFG) durchlaufen musste. Dementsprechend sah das BAG dann eine zum BBiG „vergleichbare Berufsausbildung“ als gegeben, wenn diese im Hinblick auf Lernziele und Lernmethoden sowie deren Vermittlung anhand eines didaktischen Konzepts und im Hinblick auf seine Anerkennung im Berufsleben als Weg zum Berufseinstieg angesehen werden kann.
Auch ansonsten ist das BAG eher großzügig. Keine Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns hat das BAG (19.01.2022 – 5 AZR 217/21) weiter dann angenommen, wenn die Durchführung des Praktikums Aufnahmevoraussetzung für eine private Hochschule ist.