Schwerbehinderte Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 stehen unter dem besonderen Schutz des SGB IX, § 151 SBG IX. Ab einem GdB von 30 kann auf Antrag des Arbeitnehmers eine Gleichstellung durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgen, die zur weitgehenden Anwendung der Schutzvorschriften führt, § 151 Abs. 2 und 3 SGB IX.
Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Beschäftigen sie keine oder zu wenig schwerbehinderte Menschen, sind sie nach § 160 SGB IX zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe verpflichtet.
Von besonderer Bedeutung sind die Pflichten des Arbeitgebers nach § 164 SGB IX. Darin enthalten ist nicht nur die Verpflichtung des Arbeitgebers, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung nicht zu benachteiligen, sondern auch die Verpflichtung, schwerbehinderte Beschäftigte soweit zu fördern, dass sie vergleichbare berufliche Entwicklungschancen wie nichtbehinderte Beschäftigte haben.
Die Kündigung eines schwerbehinderten Beschäftigten setzt neben einer Anhörung des Betriebsrats (soweit vorhanden) auch eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung voraus, § 178 Abs. 2 SGB IX.
Zudem darf nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von mehr als sechs Monaten die Kündigung gegenüber einem Schwerbehinderten nur erfolgen, wenn zuvor das zuständige Integrations-/Inklusionsamt der Kündigung zugestimmt hat, §§ 168 ff. SGB IX. Für den Arbeitgeber ist es insoweit wichtig, dass er bereits diesen Antrag sorgfältig und vollständig ausarbeitet, was eine anwaltliche Vertretung regelmäßig erforderlich macht. Wird dies beherzigt, wird in aller Regel die Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamt erteilt. Schwierigkeiten kann es immer dann gegeben, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der im Zusammenhang mit der Behinderung steht.
Nach einem neuen Urteil des EuGH (10.02.2022 – C-485/20) in der Sache HR Rail wird die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber schon vor Erreichen der 6-Monats-Frist beschränkt, wenn der Arbeitnehmer allein aufgrund seiner Behinderung für ungeeignet erklärt wurde, die Stelle auszuüben. In diesem Fall trifft den Arbeitgeber die der Kündigung vorgeschaltete vorrangige Pflicht, den Arbeitnehmer auf einer anderen freien Stelle einzusetzen, für die der schwerbehindert Beschäftigte die notwendige Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit aufweist. Dies jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber durch eine solche Verpflichtung nicht unverhältnismäßig belastet wird.