Die krankheitsbedingte Kündigung ist der Hauptfall der personenbedingten Kündigung. Bei der krankheitsbedingten Kündigung sind drei Voraussetzungen zu beachten:
Krankheitsbedingte Kündigung
a) Negativprognose bezüglich des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers;
b) erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgeber;
c) Interessenabwägung
(1) Eine negative Prognose bezüglich des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers ist dann gegeben, wenn objektive Tatsachen zum Zeitpunkt der Kündigung darauf hindeuten, dass weitere Krankheiten im bisherigen Umfang zu besorgen sind, bzw. dass eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Die Besorgnis ist u.a. berechtigt, wenn bei einer Langzeiterkrankung feststeht, dass die Krankheit in absehbarer Zeit (24 Monate vom Zeitpunkt der Kündigung an) nicht zu beheben sein wird oder wenn bei (außerordentlich) häufigen Kurzzeiterkrankungen anzunehmen ist, dass sich der Gesundheitszustand auch in Zukunft nicht bessern wird. Indizien hierfür sind die Art und die Häufigkeit vergangener Krankheiten. Dabei ist der Arbeitnehmer vorprozessual nicht verpflichtet, die ihn behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Er ist aber ggf. zu Schadensersatz verpflichtet, wenn er beim Arbeitgeber rechtswidrig und schuldhaft eine Fehleinschätzung des Prozessrisikos herbeiführt.
(2) Die bisherigen und die prognostizierten Auswirkungen müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen (Störungen des Betriebsablaufs durch kurzfristiges Umdisponieren oder durch wirtschaftliche Belastungen). Die betrieblichen Beeinträchtigungen können einmal in dem Produktions- und dem damit verbundenen Einnahmeverlust sowie (wegen § 612 BGB nach umstrittener, aber herrschender Ansicht) in der Belastung mit den Lohnfortzahlungskosten liegen. Insoweit ist aber zu beachten, dass der Arbeitgeber bei Folgekrankheiten entlastet ist (vgl. § 3 I 2 EFZG). So rechtfertigen zu erwartende Lohnfortzahlungskosten allein, eine Kündigung nur, wenn sie pro Jahr einen Zeitraum von sechs Wochen überschreiten.
Hinsichtlich des Produktionsausfalls kommt es darauf an, wie sich der Arbeitgeber auf einen solchen einstellen konnte und wie sehr den Arbeitgeber wirtschaftlich ein solcher Produktionsausfall trifft. Der relevante zeitliche Rahmen liegt dabei zwischen sechs Wochen bis zur Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist.
Eine krankheitsbedingte Minderleistung um mindestens ein Drittel führt ebenfalls zu einem Ungleichgewicht zwischen Leistung und gezahltem Entgelt. Auch ist nach BAG (NZA 1999, 978) bei einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen. Bei Ungewissheit über die Herstellung der Leistungsfähigkeit ist darauf abzustellen, ob in den nächsten 24 Monaten mit einer Änderung zu rechnen ist.
(3) Letztlich muss eine Interessenabwägung ergeben, dass der Arbeitgeber auch bei Berücksichtigung der ihm zumutbaren Überbrückungsmaßnahmen und der Person des Arbeitnehmers (dessen soziale Situation) durch die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unbillig belastet wird. Berücksichtigungsfähig ist bei der Gewichtung der Störung die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Krankheitsursache (betrieblich oder Verschulden des Arbeitnehmers etc.) sowie nach umstrittener aber herrschenden Ansicht die sonstige soziale Situation des Arbeitnehmers (insbesondere dessen Unterhaltsverpflichtungen). Es ist zu prüfen, ob die Besonderheiten des zu beurteilenden Einzelfalls über das übliche Maß hinausgehende Maßnahmen des Arbeitgebers rechtfertigen.
Eine krankheitsbedingte Kündigung birgt damit auch für den gut beratenen und gut vorbereiteten Arbeitgeber Risiken. Insbesondere das Ergebnis eines im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingeholten medizinischen Gutachtens ist regelmäßig nicht (sicher) vorhersehbar. Umso wichtiger ist es in solchen Verfahren durch frühzeitige Beiziehung eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht sicher zu stellen, dass zu den tatsächlichen Problemen nicht auch noch vermeidbare rechtliche Hürden treten.