Am Freitag, den 23.09.2022 kam es zu einer bereits seit einiger Zeit erwarteten Entscheidung des europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 22.09.2022, Az.: C-120/21) zu der Frage, ob Urlaubsansprüche verjähren, wenn der Arbeitgeber nicht im nötigen Maß an einer möglichen Urlaubsgewährung mitgewirkt hat. Es hätte auch „Freitag der 13.“ sein können.
Zunächst hatte der europäische Gerichtshof vor einiger Zeit entschieden, dass entgegen dem deutschen Bundesurlaubsgesetz Urlaubsansprüche nicht zum Ende des Kalenderjahres verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht aktiv zuvor informiert hat. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Arbeitgeber jeden einzelnen Beschäftigten ausdrücklich jährlich auf den (noch) bestehenden Urlaubsanspruch hinweisen müssen. Ferner muss der Hinweis erfolgen, dass der Urlaub nicht übertragen und angesammelt werden kann sondern verfällt, wenn er nicht im Urlaubsjahr eingebracht wird.
Nun stellte sich die Frage, wie lange in der Vergangenheit liegende Urlaubsansprüche aufrechterhalten bleiben, wenn ein solcher Hinweis des Arbeitgebers fehlt. Konkret hat das Bundesarbeitsgericht dem europäischen Gerichtshof die Frage gestellt, ob die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des BGB naheliegender Weise auch für Urlaubsansprüche gilt. Wäre dies uneingeschränkt der Fall, so wäre das Risiko zumindest auf die Verjährung begrenzt. Beschäftigte könnten dann, bei einer Verletzung der förmlichen Informationspflicht, nur den (nicht eingebrachten) Urlaubsanspruch der vorangegangenen drei Jahre geltend machen.
Grundsätzlich bejahte der europäische Gerichtshof zwar, dass auch Urlaubsansprüche der dreijährigen Verjährung unterliegen. Allerdings sei dies nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist, sprich einen entsprechenden Hinweis erteilt hat. Ohne den Hinweis des Arbeitgebers, sei die für die Verjährung erforderliche Kenntnis des Arbeitnehmers über alle Umstände seines Anspruchs nicht gegeben. Eine in unseren Augen völlig praxisferne Annahme.
Das bedeutet im Ergebnis, dass Beschäftigte nun Urlaubsansprüche, welche Jahre oder theoretisch gar Jahrzehnte zurückliegen, noch immer geltend machen können, wenn der Arbeitgeber nicht im jeweiligen Urlaubsjahr seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Weiter erforderlich ist natürlich, dass die Mitarbeiter ihren Urlaubsanspruch nicht bereits eingebracht haben.
Es ist nun also durch die neue Entscheidung des europäischen Gerichtshofs umso entscheidender, dass Arbeitgeber alle Arbeitnehmer jedes Kalenderjahr individuell und rechtzeitig auf ihre Urlaubsansprüche und den entsprechenden Verfall hinweisen. Dies muss in nachweisbarer Form erfolgen. Den Mitwirkungspflichten wird leider ein allgemeiner Hinweis im Arbeitsvertrag, im Intranet oder am schwarzen Brett nicht gerecht, sondern er muss individuell adressiert werden. Erneut wurde den Arbeitgebern nun ein enormer bürokratischer Aufwand auferlegt. Die Verpflichtung zu ignorieren, kann jedoch im Einzelfall sehr teuer werden.